Focaccia gilt als mediterrane Köstlichkeit und findet sich mittlerweile in fast jedem deutschen Supermarkt. Doch hinter der verlockenden, mit Olivenöl glänzenden Oberfläche verbergen sich manchmal unerwartete Inhaltsstoffe, die nicht nur Allergiker überraschen können. Besonders Menschen mit speziellen Diätanforderungen sollten genau hinschauen, wenn versteckte Allergene ihre sorgfältig geplanten Ernährungskonzepte durchkreuzen.
Tradition trifft auf industrielle Realität
Authentische Focaccia besteht traditionell aus wenigen Grundzutaten: Mehl, Wasser, Hefe, Olivenöl und Salz. Diese einfache Zusammensetzung findet sich auch heute noch bei hochwertigen Herstellern. Die Focaccia Classica von Lindner beispielsweise verwendet ausschließlich Weizenmehl, Olivenöl und Meersalz mit Hefe.
In der Massenproduktion wird das Rezept jedoch oft erweitert. Verschiedene Focaccia-Varianten enthalten zusätzlich Milchprodukte wie Mozzarella oder Grana Padano, während andere Kartoffelflocken, Gerstenmalzextrakt oder verschiedene Gewürzmischungen verwenden. Diese Zusätze sind nicht grundsätzlich problematisch, können aber für Menschen mit entsprechenden Unverträglichkeiten relevant werden.
Das Kreuzkontaminations-Problem
Besonders heimtückisch sind Produktionshilfsstoffe und Kreuzkontaminationen. Ein Focaccia-Teig, der in derselben Anlage wie andere Brotsorten hergestellt wird, kann Spuren von Sesam, Soja oder anderen Allergenen enthalten. Die Aryzta Focaccia Tomate trägt beispielsweise den Hinweis: Das Produkt kann Spuren von Milch, Soja, Sesam und Senf enthalten.
Diese rechtlich vorgeschriebenen Hinweise werden oft übersehen oder nicht ernst genommen, obwohl sie für Allergiker lebenswichtige Informationen darstellen. Viele Hersteller verwenden standardisierte Warnformulierungen wie „Trotz größter Sorgfalt können wir aus produktionstechnischen Gründen nicht garantieren, dass sich keinerlei Spuren anderer Zutaten als angegeben in den Backwaren befinden.“
Mythen um Spezial-Focaccien widerlegt
Die oft verbreitete Behauptung, dass Low-Carb-Focaccien mit speziellen Proteinpulvern auf Milchbasis oder Sojaprotein-Isolaten angereichert werden, lässt sich bei handelsüblichen Produkten nicht bestätigen. Die meisten im Handel erhältlichen Focaccien weisen Kohlenhydratgehalte von 32 bis 51 Gramm pro 100 Gramm auf – dies entspricht keiner Low-Carb-Positionierung.
Auch die pauschale Warnung vor glutenfreien Varianten mit Lupinenmehlen oder Kichererbsenprotein erweist sich als übertriebene Verallgemeinerung. Während solche Alternativen existieren mögen, sind sie nicht der Standard bei den gängigen Focaccia-Produkten im deutschen Handel.
Die Realität versteckter Zusätze
Ein weiterer kritischer Aspekt sind Enzyme, die zur Teigverbesserung eingesetzt werden. Diese stammen oft aus mikrobiellen Quellen und müssen nicht zwingend auf der Zutatenliste stehen, da sie als Verarbeitungshilfsstoffe gelten. Manche Hersteller setzen außerdem Emulgatoren oder Stabilisatoren ein, um die Haltbarkeit zu verlängern.

Die Focaccia-Landschaft im deutschen Handel zeigt eine große Bandbreite. Während einfache Varianten wie die Lindner Classica bei den traditionellen Grundzutaten bleiben, verwenden andere Hersteller Zusätze wie Kartoffelflocken zur Texturverbesserung oder verschiedene Öle. Die PB Focaccia Tomate enthält acht Prozent Mozzarella und Cherrytomaten, was klar deklariert wird.
Praktische Strategien für den bewussten Einkauf
Der Schlüssel liegt in der genauen Analyse der Produktinformationen. Lesen Sie nicht nur die Hauptzutatenliste, sondern auch die kleingedruckten Hinweise am Ende der Verpackung. Dort verstecken sich oft die entscheidenden Allergen-Warnungen.
Achten Sie besonders auf mehrdeutige Begriffe wie „natürliche Aromen“ oder „Gewürzmischungen“. Bei der Ruetz-Focaccia mit Prosciutto finden sich beispielsweise Lysozym aus Eiern und Milchbestandteile durch den verwendeten Grana Padano. Diese Informationen stehen klar auf der Verpackung, erfordern aber aufmerksames Lesen.
- Zutatenliste vollständig durchlesen, nicht nur die ersten fünf Einträge
- Allergenhinweise am Ende der Verpackung beachten
- Bei Unklarheiten direkt beim Hersteller nachfragen
- Mehrsprachige Verpackungen vollständig prüfen
Moderne Kennzeichnungspraktiken verstehen
Hersteller nutzen verschiedene Strategien bei der Produktkennzeichnung. Ein Focaccia wird als „traditionell italienisch“ beworben, kann aber durchaus industrielle Zusätze enthalten, die in authentischen Rezepten nicht verwendet würden. Mehrsprachige Verpackungen können zusätzlich das Verständnis erschweren, wenn wichtige Informationen nur in einer Sprache prominent dargestellt werden.
Die standardisierten Warnhinweise wie „Kann Teile von Schalen und Kernen enthalten“ zeigen, dass Hersteller um potenzielle Kontaminationen wissen und diese dokumentieren. Diese Transparenz sollte als Orientierungshilfe genutzt werden, nicht als Grund zur übertriebenen Sorge.
Individuelle Herangehensweise statt pauschaler Warnungen
Für Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Zöliakie oder schweren Allergien können versteckte Inhaltsstoffe tatsächlich problematisch werden. Die Lösung liegt jedoch nicht in pauschalen Warnungen vor industrieller Focaccia, sondern in einer differenzierten Produktauswahl basierend auf individuellen Bedürfnissen.
Die verfügbaren Produktinformationen zeigen ein breites Spektrum von schlicht hergestellten bis hin zu komplex zusammengesetzten Focaccien. Durch konsequente Aufmerksamkeit beim Lesen der Zutatenlisten und Allergenhinweise lassen sich die passenden Produkte für jeden Ernährungstyp finden.
Der bewusste Verbraucher sollte mehrere Informationsquellen nutzen und im Zweifelsfall direkt beim Hersteller nachfragen. Nur durch diese gezielte Herangehensweise lassen sich sowohl unbegründete Ängste als auch reale Risiken beim Focaccia-Genuss angemessen bewerten und der mediterrane Brotgenuss kann ohne böse Überraschungen stattfinden.
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